Es war einmal
Kindheitserinnerungen einer Hausbewohnerin
Wir waren nicht reich, aber der 24. Dezember war für mich und meine fünf Geschwister trotzdem ein ganz besonderes Fest. Der Vater ging mit uns in den nahen Wald. Es war schon dämmrig, der Schnee knirschte unter unseren Stiefeln. Jedes Kind hielt eine brennende Kerze in der Hand und wir folgten dem Vater wie eine Kette aus lauter kleinen Lichtern. Im Wald war es dunkel, doch das Gefühl der Geborgenheit übertraf unsere Angst.
Plötzlich blieb der Vater stehen und zeigte auf eine kleine Tanne. „Das wäre doch ein schöner Christbaum für die Tiere“, sagte er. Da gaben wir ihm unsere Kerzen und er steckte sie an die Zweige. Und plötzlich war der Wald wie von einem weihnachtlichen Zauber verwandelt: Es war ganz still, nur unsere Herzen klopften laut; Schnee fiel von den Bäumen – in diesem Augenblick, der uns wie eine Ewigkeit vorkam, fühlten wir uns unglaublich reich.
Als uns kalt wurde, bliesen wir die Kerzen aus und machten uns auf den Heimweg.
Plötzlich sprangen zwei Rehe aus dem Dunkel hervor, so, als wollten sie „Danke!“ sagen. Wir hatten uns nicht nur reich gefühlt, wir waren wirklich so reich gewesen, dass wir sogar die Waldbewohner beschenken konnten. So alt ich auch werde, dieses Weihnachten werde ich niemals vergessen.